Konzept

Blick in die Ausstellung „Eva und Adam“

Sehnsucht und Verlust – das sind die beiden großen Spannungspole, zwischen denen diese Ausstellung eingehängt ist und aus denen sie ihre Kraft entfaltet. Für Christine Dohms und Rüdiger Penzkofer stand am Anfang die Frage, ob es eine Rolle spielt, ob ein Kunstwerk von einer Frau oder von einem Mann geschaffen wird. Daher haben sie sich unter dem Titel „Eva und Adam“ an die Arbeit an ein gemeinsam konzipiertes Ausstellungsprojekt gemacht. Es ist Teil des künstlerischen Konzepts, offen zu lassen, welche Arbeit von welchem der beiden Kunstschaffenden erarbeitet wurde und ob die Frage nach Geschlecht und Urheberschaft überhaupt relevant ist.
Florian Stegmaier, Kulturwissenschaftler

Think twice

Wenn es um Frauen und Männer geht, sind wir in Gefahr, erübten
Klischees zu folgen. Daran mahnt uns die Arbeit „think twice“.
Wer dieses ungleiche Paar von Hammer und Strickwolle gemäß gängigem Klischee auf die tradierte Geschlechterrole überträgt, der verheddert sich im Trugschluss seines Vorurteils.
Florian Stegmaier, Kulturwissenschaftler


Paradise logistics

Das Paradies ist keine kollektive Utopie, sondern eine gated area. Eine hochexklusive Zone, hinter deren Mauern sich die Reichsten der Reichen gegen die Welt abschirmen. Ein hortus conclusus, der aber nicht mehr als geistiger Raum der Kontemplation dient, sondern als Refugium des Kapitals. Auf einen solchen Ort weist uns die Arbeit „Paradise logistics“. Auf dieser LKW-Plane befindet sich links unten eine rote Ziffernfolge, Das sind geodätische Koordinaten. Folgt man der Spur, dann landen man auf den Seychellen, konkret auf einer Insel namens Frégate. Diese Insel befindet sich in Privatbesitz eines deutschen Unternehmers, der auf diesem paradiesischen Eiland mindestens 16 Luxusvillen stehen hat. Zutritt nur für Milliardäre. Und in der Tat – erinnern wir uns an Genesis Kapitel 3 – sind die Tore des Paradieses verschlossen, nachdem Adam und Eva vertrieben wurden. Seitdem wachen die Cherubim darüber, mächtige Engelwesen der höchsten Ordnung, und stehen mit flammendem Schwert vor den Toren des Paradieses – heute wird den gottsuchenden Menschen der Zugang anhand des Kontostandes verweigert, der himmlische Torhüter zum bestechlichen Türsteher degradiert.
Florian Stegmaier, Kulturwissenschaftler

the cut

The cut – diese konzeptuelle Arbeit befasst sich mit der aktuellen weltpolitischen und gesellschaftlichen Situation .

Ein Schiffstau mit 5cm Durchmesser, das geeignet ist, selbst größere Schiffe sicher im Hafen zu vertäuen, wird von einem scharfen Beil durchtrennt. Vermeintliche, bisher gültige Sicherheiten gibt es nicht mehr. Weltpolitisch ist das transatlantische Bündnis zerrüttet. Innenpolitisch zerfällt die Gesellschaft und die Rechte erstarkt. Im kulturellen Sektor finden harte Einschnitte statt, vergleichbar denen eines Beils, das hart und unbarmherzig zuschlägt.

Schokolade

In der gemeinsam mit Rüdiger Penzkofer konzipierten Arbeit „Schokolade“ werden zu Kakaobarren geronnene Sehnsüchte verkauft. In Goldfolie gewickelt und mit den begehrten Attributen versehen, hat die Warenauslage so einiges im Angebot: Liebe, Jugend, Unschuld und andere ersehnte Güter werden hier feilgeboten. Selbst die Sehnsucht nach der Sehnsucht verspricht dieses Warenangebot zu befriedigen. Natürlich hat alles seinen Preis. Zumal sich Ökonomie über Knappheit definiert und wie sie sehen, sind einige Produkte bereits vergriffen, andere nur noch in geringer Stückzahl vorhanden. Aber rechnen Sie damit, dass die Exklusivität des ersehnten Gutes, etwa der Liebe, auch den Preis in die Höhe treibt. Florian Stegmaier, Kulturwissenschaftler 

Eva und Adam

Bei genauerer Betrachtung sind die Unterschiede zwischen Mann und Frau keineswegs so groß, wie sie mitunter propagiert werden. Das führt uns die Arbeit „Eva und Adam“ eindrücklich vor Augen. Die abstrakten Grafiken auf den klinisch weißen Fließen entpuppen sich als chemische Strukturformeln. Die wissenschaftlich Eingeweihten können sie sogar lesen und ihnen Bedeutung zumessen: oben links sehen wir die Formel für Östrogen, rechts daneben für Testosteron. Die grafisch komplexeste Formel repräsentiert das Hormon Oxytocin, das uns als Wohlfühl- oder Kuschelhormon bei kleinen und großen Höhepunkten zur Seite steht.  

Bis auf ein einziges Hormon, das dem Eisprung vorbehalten ist, sehen wir hier eine biochemische Palette, die allen Menschen als hormonelles Portfolio zur Verfügung steht und abstrakte Chemie in Stimmungen und Befindlichkeiten des oft Allzu-Menschlichen übersetzt. So dass uns die labormäßig sterilen Fliesen mit dem nüchternen Befund konfrontieren, dass der Unterschied zwischen den beiden Geschlechtern tatsächlich auf molekulare Details zusammenschrumpft und beinahe unerheblich scheint. Heißt im Umkehrschluss: dort, wo aber der Unterschied zwischen Mann und Frau bedeutsam erscheint, tritt er uns als etwas Gemachtes, als kulturelles Artefakt entgegen. Denn oft dient die Rede über weiblich und männlich nicht dazu, konkrete Aussagen über Frauen und Männer zu machen. Es geht vielmehr darum, gesellschaftliche Strukturen zu befestigen, auch ungleiche Machtverhältnisse zu rechtfertigen.  Florian Stegmaier, Kulturwissenschaftler

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